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Geschichte der Lesegesellschaft Horgen

Lesegesellschaft Horgen: 1802 –

Die Lesegesellschaft Horgen hat eine wechselvolle Geschichte hinter sich.

1794 sprach man von einem „sehr berüchtigten Klub von sogenannten Freiheitsmännern» in Horgen, der den Obervögten „zu besonderer Aufsicht» empfohlen wurde. Es waren unruhige Zeiten: Die Französische Revolution fand auch in der Alten Eidgenossenschaft starke Beachtung und weckte in aufgeklärten und benachteiligten Bevölkerungsgruppen Hoffnungen auf eine Reform der bestehenden Herrschaftsverhältnisse. In der Folge wurde 1798 die Helvetische Republik ausgerufen. Ein freiheitlicher Wind wehte. Die Landbevölkerung unterwarf sich nicht mehr einfach so der städtischen Obrigkeit, auch wenn auf dem Land immer noch nicht politisiert werden durfte.

1802 wurde deshalb aus dem „Klub» die Lesegesellschaft. In den Familien zirkulierten die früher sehr verbreiteten Lesemappen, die nach einer Woche weitergegeben werden mussten. Die Mitglieder, fast alles Männer, versammelten sich aber im Hinterstübchen des Stammlokals, wo heftig diskutiert wurde. Wenn jemand von ihnen – oder der Wirt – angezeigt worden wäre, wäre er im Gefängnis gelandet. Es konnten also nur ganz sichere Kandidaten aufgenommen werden, präsentiert von zwei „Paten» und mit einstimmigem Beschluss! Daher kommt der elitäre Ruf, den die Gesellschaft auch heute nicht ganz los geworden ist. Es blieb also eine sehr kleine Vereinigung.

Solche Lesegesellschaften gab es rund um den Zürichsee. Sie stammen alle etwa aus derselben Zeit. Ihre erste Blütezeit dürfte von 1850 bis etwa 1910 gewesen sein. In der freieren Atmosphäre war ihr politischer Einfluss nicht zu unterschätzen, z.B. auf die linksufrige Eisenbahn, auf den Sihlbrugg-Tunnel, etc.

Mit dem Aufkommen der politischen Parteien und beruflichen Vereinigungen war die Zeit dieser Gesellschaften abgelaufen. Entweder sie öffneten sich und orientierten sich neu, oder sie verschwanden. Als eine der letzten gab sich auch die schon fast tot gesagte Lesegesellschaft Horgen neue Statuten und eine neue Ausrichtung. Sie ist heute politisch, konfessionell und sozial neutral.

Heute ist die Lesegesellschaft Horgen wieder sehr lebendig und umfasst ein weites Spektrum der Bevölkerung, einfach Damen und Herren, die sich für unsere literarisch-kulturellen Veranstaltungen interessieren.

20.8.2011/Lucie Zehnder